Die im Gefolge der Krise absehbare Beschäftigungskrise spätestens ab Anfang 2010 macht Arbeitsumverteilung wieder hoch aktuell.
ver.di und IG Metall setzen Arbeitszeitverkürzung wieder auf die Tagesordnung.
Zur Beschäftigungssicherung haben wir mit Kurzarbeit und z. B. dem Beschäftigungssicherungs-Tarifvertrag der IG Metall effektive, breit genutzte Instrumente.
Das reicht aber absehbar nicht aus. Deshalb brauchen wir auch Instrumente zur Schaffung von Beschäftigung durch Arbeitsumverteilung; jedes Potenzial dazu, auch das von Betrieben, die nicht in der Krise sind, und das von Beschäftigten, die freiwillig gerne kürzer arbeiten bzw. weniger Überstunden machen würden, muss hierfür genutzt werden.
Hierzu schlagen wir eine Bundesratsinitiative des Landes Bremen mit folgendem Ziel vor:
Schaffung eines Gesetzes zur Beschäftigungsförderung durch Arbeitsumverteilung.
Wir haben einen 2014 einen Gesetzentwurf „Gesetz zur Beschäftigungs-förderung durch Arbeitsumverteilung – BFAU“ (Gutachten von RA Ralf Trümner/Experte für Arbeits- und Tarifrecht, im Auftrag von ver.di-Tarifgrundsatzabteilung, NGG Bremen, Forum für Arbeit Bremen, der Arbeitnehmerkammer Bremen mit Unterstützung des Funktionsbereichs Tarifpolitik beim IG Metall-Hauptvorstand)
Zielsetzungen:
· Abbau der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Langzeitarbeitslosigkeit Geringqualifizierter
· Übernahme fertig ausgebildeter Jugendlicher
· Ermöglichung altersgerechter Arbeitszeiten und eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (Nachfolge für die geförderte Altersteilzeit)
· Ermöglichung familienfreundlicher Arbeitszeiten für Berufstätige mit betreuungsbedürftigen Kindern oder pflegebedürftigen Angehörigen
· Ermöglichung der Arbeitszeitaufstockung für unfreiwillig in Teilzeit oder geringfügig prekär Beschäftigte
· Nutzung des Potenzials der bisher ungenutzten Teilzeitwünsche von jährlich 4,3 Milliarden Stunden, was rechnerisch etwa 2,2 Millionen Vollzeit-Stellen (mit 37,7 Wochenstunden) entspricht (Berechnung des DIW, s. E. Holst/H. Seifert, Arbeitszeitpolitische Kontroversen im Spiegel der Arbeitszeitwünsche, WSI-Mitteilungen 2/2012).
Eckpunkte:
1. Recht auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit um mindestens 10 %, maximal 50 % der tariflichen bzw. betriebsüblichen Arbeitszeit
2. Verpflichtende Wiederbesetzung der frei werdenden Stellenteile durch Arbeitslose, fertig ausgebildete Jugendliche oder Erfüllung von angemeldeten Aufstockungswünschen Teilzeitbeschäftigter
3. Zahlung eines nach Einkommenshöhe gestaffelten Nettolohn- und Beitragsausgleichs zur Sozialversicherung von 70 % für höhere, 80 % für mittlere und 90 % für untere Entgeltgruppen durch die Bundesagentur für Arbeit
4. Einrichtung tripartistischer Branchenkommissionen aus Gewerkschaft, Arbeitgeberverband und Agentur für Arbeit zur Ermittlung der Grenzen zwischen höheren, mittleren und unteren Entgeltgruppen in der jeweiligen Branche
5. Inanspruchnahme durch mindestens 6 Monate in Betrieben mit mehr als 15 Arbeitnehmer/ inne/n Beschäftigte für mindestens 2, maximal 6 Jahre mit garantiertem Rückkehrrecht auf die ursprüngliche Arbeitszeit
Begründung:
Erfahrungen mit dem analog konstruierten Beschäftigungsförderungstarifvertrag zwischen IG Metall und Metallarbeitgeberverband Niedersachsen 1998 – 2000 haben gezeigt, dass Arbeitszeitverkürzung in dieser Form
a) überproportional häufig von Beschäftigten in unteren Lohngruppen, darunter viele Frauen, in Anspruch genommen worden ist,
b) 1 zu 1 wiederbesetzt worden ist mit Arbeitslosen aus dem geringer qualifizierten Bereich und
c) 1/3 der so Eingestellten nach Ende der Arbeitszeitverkürzung fest angestellt weiterbeschäftigt worden sind (hoher Klebeeffekt)
Die negativen Effekte der geförderten Altersteilzeit (Nutzung überwiegend durch Besserverdienende und Wiederbesetzungsquote von nur 25 %, weil Arbeitgeber auf 20 % Lohnausgleich von der Bundesagentur für Arbeit gerne verzichtet haben, um ältere Arbeitnehmer/inn/n loszuwerden) und der Teilzeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (kein Rückkehrrecht auf Vollzeit, keinerlei Lohnausgleich, Wiederbesetzungsquote von maximal 15 %, dadurch Arbeitsverdichtung und „Teilzeitfalle“ v. a. für Frauen) könnten durch den nach Einkommenshöhe gestaffelten Lohnausgleich, die Wiederbesetzungs-verpflichtung und das Rückkehrrecht vermieden werden.
Bei einer hypothetischen Nutzung nur der Hälfte des vorhandenen Arbeitszeit-verkürzungspotenzials durch die Besetzung von 1 Million Stellen (in Vollzeitäquivalenten) mit Arbeitslosen würden ca. 4 Milliarden Euro für den Teillohnausgleich ca. 11 Milliarden Euro Einsparungen an Arbeitslosengeld, Miet- und Heizkosten für die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen
gegenüberstehen. Insbesondere für Kommunen wie Bremen, aber auch viele Regionen in Ostdeutschland und das Ruhrgebiet, böte ein solches Gesetz die Möglichkeit, ihre verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit durch das Angebot von Stellen im niedrig entlohnten, eher gering qualifizierten Bereich abzubauen und ihre strapazierten Sozialhaushalte zu entlasten.
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